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Greil Marcus' Auffassung zufolge ist Punk unweigerlich mit dem Situationismus der 1960er Jahre verknüpft. Diesen Standpunkt wollte auch Malcolm McLaren als einer der frühen Hauptprotagonisten, in der Arbeit mit den Sex Pistols (als Mentor dieser Gruppe) gerne als den Ausgangspunkt dieser Bewegung ausgeben.

Allerdings ist der Situationismus durch politische Ziele des Sozialismus, Kommunismus und Anarchismus gefärbt. Der Anarchismus bei den frühen Punks wie Steve Jones, Paul Cook und Sid Vicious gleicht jedoch eher Nihilismus oder einer gewaltsamen diebischen Anomie (im wörtlichen Sinne).

Punks Punk Festival HITS 2003 Morecambe UK
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Punks Punk Festival HITS 2003 Morecambe UK

Dass zwischen dem Situationismus und dem Punk kaum eine Verbindung besteht, geht auch eindeutig aus dem Buch „Sex Pistols - The Inside Story“ von Fred und Judy Vermorel hervor. Dieses bildet aus heutiger Sicht eine der zuverlässigsten Quellen der Geschehnisse um die Sex Pistols und der frühen Punkbewegung Londons, da es zeit- und protagonistennah erstellt wurde. Durch die Autobiographie Johnny Rottens No Irish, No Blacks, No Dogs wird die These, dass die Londoner Punk-Szene losgelöst vom Situationismus zu betrachten ist, zusätzlich unterstützt.

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USA

Die Punkbewegung war immer eng mit der gleichnamigen Musikrichtung verbunden. Punk stellte sich gegen einst als progressiv geltende Bands, die nach Meinung der Bewegung durch rein kommerzielle Strategien in die Hitparaden gepuscht wurden und gegen Bands wie Pink Floyd, Genesis oder Led Zeppelin, die sich in immer unglaublicherer Gigantomanie auf LP und im Konzert verbreiteten. Welches die erste Punkrock-Band war, darüber lässt sich streiten. Genannt werden in dem Zusammenhang, oder als Vorläufer, The Stooges, Iggy Pop, The New York Dolls, MC5, die Ramones oder auch Patti Smith.

Alle diese Bands kommen aus den USA. Als amerikanisches Zentrum des Punks gilt der Club CBGB in New York City. Als britischer Vorläufer gelten the Who, die frühen Kinks und Bands wie The Troggs.

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Großbritannien

Die Entstehung des englischen Punks – in den frühen 1970ern – ist aus vielen Gründen sehr speziell und lässt sich im Großen und Ganzen nicht mit der US-amerikanischen Entwicklung vergleichen.

Grundlage des englischen Punks war ein in erster Linie apolitischer Groll auf sämtliche institutionellen Organisationen. Fehlender oder mangelhafter Halt durch die Bildungsinstitutionen und nach dem Verlassen dieser die mangelnden Aussichten (soziale und kulturelle Armut) – bedingt durch das steife englische Klassensystem - überhaupt eine Arbeit zu finden, geschweige denn einen gesellschaftlichen Aufstieg innerhalb dieses Systems, bildeten das Fundament für die punkimmanente Grundeinstellung.

Derart ausgeschlossen aus dem Kreise der Geldverdiener, war es den Jugendlichen (die den Hauptanteil der Bewegung ausmachten) verwehrt, an den Dingen – die ihr Herz begehrte oder begehren gemacht wurde – wie modischer Bekleidung, neue und neueste Musik in allen Formen und im Allgemeinen dem Konsum von Getränken in Gaststätten teilzuhaben.

So kann die jugendliche Punkbewegung Londons – wo das Zentrum der Entstehung war – als ein seit dem Anfang der 1970er sich über mehrere Jahre entwickelnde spätpubertäre Antihaltung sowohl gegenüber politischen Establishment als auch gegenüber der Kulturindustrie (insbesondere der Musikindustrie) und dem Bürgertum allgemein verstanden werden.

Die Alternative hieß Eigenproduktion unter anderem der Bekleidung, wenn auch aus dem Altkleidercontainer, Musik (am Beispiel der Sex Pistols mit geklautem Equipment), und dazugehörige Vertriebswege und -mittel. So bahnte sich langsam aber sicher eine neue Kultur den Weg an die Oberfläche.

Grundsätze waren: Ekstase, Verschwende dich selbst, glaube niemandem, do it yourself, stelle Autorität oder Stars in Frage.

Es entstand eine junge, zynische, flüchtige und schnelllebige Subkultur, mit eigenen poetischen, politischen und apolitischen Ausdrucksformen: Sicherheitsnadeln im Gesicht, ein Feiern von Hässlichkeit, Kopierte Fanzines, in denen man gegen alles und jeden Stellung bezog, aber auch spontane dadaistische Aktionskunst, exzessiver Konsum von Alkohol, Drogen und Sex, alles selbstorganisiert und selbstverwaltet.

Die Musik war eine schnelle, sehr einfache effektive und reduzierte Variante von Rock'n'Roll, wenn man drei Akkorde auf der Gitarre beherrschte, konnte man sie schon spielen. Virtuosität, Gitarren-Soli und ähnliche Star-Gesten waren verhasst. Die Texte bestanden aus knappen Anklagen und Beschimpfungen, Reflexionen über das eigene Leben oder reinem Dadaismus.

Es war die Zeit, in der die alten Rockdinosaurier, die seit Jahren die Hitparaden beherrschten, sich mit der aufkommenden Disco-Kultur vereinten, weltweit waren Massenarbeitslosigkeit und Krisen auf dem Vormarsch. Ronald Reagan, Margaret Thatcher und Helmut Kohl standen in der Politik für eine Abkehr von der sozialdemokratischen Dekade der 70er (Willy Brandt) mit ihren Appellen an Bürgersinn und Demokratie und der Hoffnung auf Wandel in Folge der 68er-Generation. Konservative Werte waren nun wieder auf dem Vormarsch, und Leistung sollte sich wieder lohnen. Diesem offiziellen Optimismus setzten die Punks demonstrativ einen radikalen Pessimismus entgegen, der aber auch die Ziele der Arbeiterbewegung oder die Neue Linke zurückwies. Im Mittelpunkt stand die eigene Subjektivität, das eigene Leiden am Zustand der Welt, das sichtbar gemacht und so gegen sie gewendet werden sollte. Man war nicht der Auffassung, das Kritik auch konstruktiv sein müsse. Bands dieser Zeit sind die Slits, die X-Ray Spex, die Adverts oder Wire.

Einige der frühen Punkmusiker studierten an Kunsthochschulen und kannten ältere radikale Avantgarde-Konzepte, andere waren aus kleinen Verhältnissen stammende Arbeitslose oder Arbeitsverweigerer, die alles zurückwiesen, was es an Kultur und Sinnstiftung zuvor gegeben hatte. Ihnen gemeinsam war eine ständige latente Aggressivität als Attitüde, auch untereinander. Ohne sich dezidiert politisch zu engagieren, waren Ideen von Emanzipation unter Punks trotzdem wie selbstverständlich verbreitet. Die Kleidung und dieses Auftreten, und die Zurückweisung aller positiven Werte der Gesellschaft als Lügen, die für den Mainstream eine einzige Provokation darstellten, stießen oft auf völliges Unverständnis, offene Feindseligkeiten und Hass in der Gesellschaft. Gleichzeitig wurde Punk unter Jugendlichen aber auch zu einer Art Popkultur.

Parallel zum Entstehen des Punks entwickelte sich zeitgleich die ebenso radikale Industrial Culture mit Vorreitern wie Throbbing Gristle, Cabaret Voltaire und SPK.

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Die nächsten Generationen

Erst die zweite, dritte und vierte Generation politisierte den Punk zunehmend.

Punk Girls Punk Festival HITS 2003 Morecambe UK
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Punk Girls Punk Festival HITS 2003 Morecambe UK

Von der Öffentlichkeit wahrgenommen wird die langsam entstehende Punk-Kultur 1976 in England, als die Sex Pistols mit ihren Singles (Anarchy in the UK, und 1977 God Save The Queen) Furore machen. Zeitgleich schießen aber viele andere Bands aus dem Boden, und die Punk-Bewegung diversifiziert in fast ebensoviele Richtungen, wie Anarcho-Punk, Oi Punk, Skapunk, Fun Punk, Skatepunk, und viele mehr. Eine etwas mehr auf den Massengeschmack ausgerichtete Nachfolgebewegung war New Wave. Einen Versuch, den Geist des Punk zu bewahren bildete die Hardcore-Bewegung, die Anfang der Achtziger Jahre entstand. Als wichtigste Bands seien an dieser Stelle Agnostic Front, Dead Kennedys, Black Flag, Minor Threat und Sick Of It All erwähnt.

Punks auf dem UZ-Pressefest 2003
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Punks auf dem UZ-Pressefest 2003

Es gibt gemeinsame Merkmale, die typisch sind für die Punk-Kultur: Punk bringt seine Kritik durch Punkmusik, den Kleiderstil, aber auch Fanzines und eine bestimmte Grafik (Collagen, Xerographien und Comic-Zeichnungen) zum Ausdruck. Punk betont das Hässliche und will provozieren. Er stellt sich gegen die Gewohnheiten, die herrschende Klasse, die Konsumgesellschaft, das Bürgertum und gegen Snobismus. Durch seine strikte Antihaltung und einer Lebensart von „Anarchie und Chaos”, wendet er sich gegen das ihm vorgelebte hierarchische Gesellschaftssystem. Manche Punks sehen für sich keine Zukunftsperspektive (Schlagwort: „No Future” auf sich selbst angewendet), somit ist auch die oft körperschädigende Lebensart vieler Punks zu erklären. Es gibt aber auch komplett gegenteilige Tendenzen in der Punk-Szene, wie die Veganer- und Straight Edge-Bewegung.

Ende der 1970er traten in England verschiedene Bands wie Crass, Conflict oder Zounds auf, die sich einem radikalen Antikommerzialismus verschrieben hatten. Ihr Protest richtete sich nicht nur direkt gegen Institutionen wie Politik, Kapital und Geistlichkeit, sondern gegen die Gesellschaft und deren grundlegende Werte, insbesondere die Konsumgesellschaft. So lebten die Mitglieder der Band Crass nahe London auf einer Farm in dem Versuch einer autarken und selbstversorgten, in kommunenartiger Struktur organisierter Lebensweise. Tonträger dieser Bands wurden meist zum Selbstkostenpreis verkauft, Konzerteintrittspreise waren, wenn sie überhaupt erhoben wurden, lediglich kostendeckend. Im Bezug auf Alkohol und Drogen, die in der restlichen Punkszene häufig konsumiert wurden, ging diese Strömung auch auf Gegenkurs: Um nicht von Händlern und Herstellern der Alkoholika und Drogen finanziell und moralisch abhängig zu sein, wurden diese Produkte strikt abgelehnt. Ähnlich verhielt es sich mit Fleischverzehr. Es wurde versucht, sich in keinem Lebensbereich durch etablierte Strukturen vereinnahmen zu lassen, bzw. ihnen zu folgen.

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1980er und 1990er

Punk war in den 1980ern die dominierende Kultur in den meisten Autonomen Zentren. Die Chaostage in Hannover waren von 1982 bis 1984 ein fester Treffpunkt der Szene. Diese wurden 1994/1995 wiederholt, führten zu bundesweiten Medienberichten und sorgten für ein kleines Revival der Szene.

Dass soviel „Anti” trotzdem von der Mode vereinnahmt werden konnte, überraschte in den frühen 1980ern manche Punks selber. Malcolm McLaren und die Sex Pistols hatten allerdings immer darauf beharrt, dass es sich bei der ganzen Angelegenheit um The great Rock'n'Roll Swindle, also den großen Rock'n'Roll-Schwindel handelte, einen bewusst herbeigeführten Hype, und die kommerzielle Verwertung und somit Verbreitung ihrer absolut antikommerziellen, antibürgerlichen Werte und Lieder war in ihren Augen begrüßenswert.

Die Mode fand sich innerhalb der Szene. Bestimmten Bands wie zum Beispiel The Exploited wurde vorgeworfen konservativ einen Stil zu bewahren um kommerziell erfolgreich zu sein. Punk beeinflusste aber auch die Mainstream-Kultur. Die Neue Deutsche Welle wurde ursprünglich von Bands getragen, die der Punk-Szene sehr nahe standen, bevor die Musikindustrie den Trend entdeckte und eigene Bands ins Rennen schickte.

In den späten 80ern und 90ern gehörte der Punk dann zum selbstverständlichen Straßenbild in Europa. In London ließen sich besonders gestylte Punks zusammen mit Touristen fotografieren. Selbst in Kinderbüchern oder der Fernsehserie Lindenstrasse tauchten Punks auf. Mit massenkompatiblen Bands wie Die Toten Hosen oder Die Ärzte war Punk zum Teil des Mainstreams avanciert und wurde ähnlich verkauft. Von der anfänglichen, noch apolitischen, naiven Radikalität über eine politische Radikalität von Teilen der nächsten Generationen entwickelte sich Punk zur mehrheitsfähigen, konstruktiv kritischen Stimme, und ging schließlich in der Grunge- oder Alternative-Bewegung auf. Zugleich entstand eine Gegenbewegung innerhalb der Szene, von vielen wurden die politische und kulturelle Ausrichtung zwar weiterhin fortgesetzt, die Punk-Mode aber als Klischee (Tracht (Kleidung)) empfunden, das den ursprünglichen Reiz des Experimentellen, Nie-Dagewesenen eingebüßt hatte.

Andererseits verbreitete sich die Subkultur von Punk in verschiedenen Geschwindigkeiten, von London und New York aus trat sie in Deutschland zunächst in Hamburg und Berlin, später in anderen Großstädten, und noch später dann in den ländlichen Gebieten auf. Was man unter Punk verstand, wurde dabei immer wieder neu erfunden.

Viele Leute sind der Ansicht, dass alle Punks, die nach der ersten Welle kamen, nur noch modische Nachahmungen sein könnten und den Kernsatz des „alles neu” der anfänglichen Punkbewegung, oder die im Punk oft verkörperten politischen Ansichten (z. B. Anarchie) gar nicht mehr erfüllen können.

Einige dieser Strömungen konstituierten die Hardcore Punk-Bewegung oder später die Hamburger Schule, andere wandten sich auch den neuen elektronischen Musikstilen zu (Atari Teenage Riot), in denen sie das Element des „neu“ wiederentdeckten. Wieder andere gingen in den politischen Strömungen der Antifa, den Autonomen oder der Hausbesetzer-Kultur auf. Waren ursprünglich für die Punks Plastik, Künstlichkeit und Müll interessant, wendete man sich nun manchmal auch der Ökologie zu.

Gleichzeitig schwappte in den 90ern in der Folge von Grunge eine neue Welle aus den USA nach Europa. Allen voran die Band Nirvana (Seattle) welche den Punk oder Grunge erstmals erfolgreich vermarkteten und somit auch salonfähig machten. Nach dem Selbstmord des Frontsängers Kurt Cobain, folgten Bands wie Green Day und The Offspring. Diese Bands äußerten sich teilweise auch politisch, stellten aber oft den Spaß-Aspekt in den Vordergrund. Die Bands hatten Videos auf MTV und erreichten Erfolge in Charts. Für viele der älteren Punks waren sie zu harmlos und kommerziell.

Aber die alte Provokation scheint auch weiterhin wirksam zu sein, noch heute kommt es immer wieder zu Punkerverboten, also dem Verbot der Versammlung von Punks, zum letzten mal etwa im Frühling 2005 in Hamburg-Ottensen, als nach öffentlichen Trinkgelagen von Punks diese von Hundertschaften der Polizei vertrieben wurden und sogar ein Verbot des öffentlichen Abspielens von Punkrock ausgesprochen wurde. Zur Verwirrung trug dabei die Tatsache bei, dass im Zuge eines Retro-Revivals der 80er viele zufällig anwesende Jugendliche, die sich wohl nicht als Punks sehen würden, aus Mode-Gründen auch Nietengürtel, zerrissene Jeans oder Punkfrisuren trugen, und so auch von polizeilichen Maßnahmen betroffen waren.

Während zum Anfang der Punkszene die meisten noch recht jung waren, sind mittlerweile die „Altpunks“ über 40 Jahre alt, einige von ihnen stehen heute in der Mitte der Gesellschaft. Charlie Harper, Frontmann der englischen „UK Subs“, feierte 2004 gar seinen 60. Geburtstag.

Heute wird der Punk oft von jungen Jugendlichen zwischen 12 und 16 Jahren kopiert, ohne Hintergrundwissen darüber zu besitzen (Fashion-punk). So wird diese Subkultur in ihrem Wesen beschmutzt, wodurch sie auch unter "echten" Punks stark verachtet sind. Was jedoch nicht heißen soll, dass es in diesem Alter keine überzeugte, echte Punks gibt.

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